Die Ehe
.... und ein guter Wein haben vieles gemeinsam.
Sie reifen in drei Stufen.

Am Anfang hat man den zuckersüßen Traubensaft, voll des leiblichen
Übermutes, der aber nicht lange haltbar ist.
Das sind die Flitterwochen und die Zeit des gegeseitigen
?Sichfressens".

Dann kommt die zweite Stufe: die Gärungszeit, der Sturm, die Aufwühlung.
Ein ganz betäubender, wuchtiger und heikler Naturprozeß, bei dem
immer die Gefahr besteht, daß ein falscher Pilz sich einschleicht und der edle Saft zu saurem
Essig wird. Wenn aber dieser Prozeß gut und natürlich abläuft, dann ist alles gewonnen, beim
Wein und auch in der Ehe.

Es ist die Zeit der Ernüchterung. Bekanntlich heiraten immer zwei Engel; erst in der Ehe, in der
engsten Gemeinschaft, lernt man sich richtig kennen. Beide stellen fest, wie unvollkommen und
fehlerhaft sie sind.

Hier zeigt sich die wirkliche Leibe, die in die dritte Reifestufe führt: in die Klärung.
Da setzt sich beim Wein alles, was in trüb macht, tief am Grunde des Fasses ab, und der Wein
wird kristallklar und haltbar für ewige Zeiten.
Ja, man sagt, je älter ein guter Wein ist, umso besser und reiner ist er auch.

Den gleichen Prozeß machte eine gute Ehe durch. Alles künstliche Gepanschte verdirbt nach
kurzer Zeit: im Weinkeller wie im Eheleben.
Es mache einer den anderen glücklich, das ist das rechte und echte Glücklichsein!
Zum Wohl, daß es so werde!